Mittwoch, 26. April 2017

Das Nuf



Artikel: Das Nuf

"Wie bekomme ich jetzt den Bogen zum eigentlichen Thema?
Ich bezeichne mich heute mit fast 42 ohne mit der Wimper zu zucken als Feministin.
Wie bin ich da eigentlich gelandet?" 
Ich bezeichne mich mit seit 17 Jahren (jetzt 37) als egalitär. Ohne Wimpernzucken. Aber wie bin ich da bloß gelandet? 

"Ich hatte es immer gut. Keine Probleme in der Schule, nicht im Studium, nicht mit dem Arbeitgeber. Ich hatte fast kostenlose Kinderbetreuung ab 12 Monaten, konnte problemlos Elternzeit nehmen und in den selben Job zurückkehren und dass obwohl ich in einem männerdominierten Feld gearbeitet habe und noch arbeite." 
Es erstaunt mich mittlerweile nicht mehr, sind sehr sehr viele Frauen oder auch Männer, die sich selbst als Feminist(inn) bezeichnen, recht privilegiert aufgewachsen sind bzw. leben. Dabei heißt es doch oft "To speak for the oppressed, you have to be oppressed!". Vor allem nicht für "freie Feminist(inn)en"*. Über meinen Werdegang kann ich sagen, dass ich eher ärmlich aufwuchs. Gerne hätte ich mich damals über ungleiche Chancen beschweren können, jedoch ist mir dieser Weg nicht vielversprechend und auch zu einfach. Zurück zum Thema: kostenlose Kinderbretreuung, problemlos in den Job zurück, obwohl nur so von Patriarchat umgeben. Sowas aber auch... Ich warte auf den Haken an der Sache! 

"Dennoch bin ich Feministin geworden. Einfach weil ich Mutter geworden bin." 
Ok, ich sagte doch, die Sache hat einen Haken.

Plötzlich sah die Welt anders aus (v.a. im privaten Umfeld) und plötzlich war ich umgeben von Freundinnen, die nach der Elternzeit am 1. Arbeitstag aus angeblich betrieblichen Gründen gekündigt wurden."
Und was hat der Feminismus konkret an diesen Tatsachen geändert? Ist Patricia nun Mitglied in einer Gewerkschaft? Oder in einer Beratungsstelle? Oder im Betriebsrat? Schade, wenn nicht, denn da sähe ich konkrete Hilfe ideal vertreten.  Bis hierher klingt das vielmehr wie der ewig anklagende Netz- und Hetzfeminismus, den man schon gewohnt ist.
Um eine evtl. aufkommende Frage zu beantworten, was ich denn so tolles, wohltätiges mache, wenn ich schon groß daherrede: tätig bin ich in einer lokalen Flühtlingshilfe - aktiv. Nicht passiv - tippend. Denn das erreicht nur einen Bruchteil derer, die ich mit aktiver Hilfe erreiche.

"Zudem waren es die kleinen Erlebnisse, die mich aufgeweckt haben. Der Sohn, der kein Junge/Mann sein kann, weil er Glitzer liebt? Den es also entwertet, weil er etwas mag, was eher dem Weiblichen zugeordnet wird. Die Tochter, die im Alter von 5 Jahren vom Fußballverein abgelehnt wird, weil der Verein keine weiblichen Trainerinnen hat und sie deswegen keine Mädchen aufnehmen..." 
Wir hatten 1987 2 Mädchenteams (7 - 11 Jahre) mit männlichen Trainern in unserem Verein. Aber wenn sich nun mal keine weibliche Trainerin findet, lässt sich das Problem nun feministisch lösen? 

"...frage meine männlichen Kollegen, die das selbe arbeiten wie ich, was sie verdienen und wundere mich." 
Patricia lässt uns leider im Ungewissen, über was sie sich wundert...

"Zu wenig Frauen auf Bühnen und als Interviewpartnerinnen? ... Egal zu was ich anfragt werde – ich sage einfach ja – denn auch wenn ich selbst eigentlich von allen Themen denke: Da gibt es ganz bestimmt jemanden, der/die sich besser auskennt (und das ist zweifelsohne IMMER der Fall), wird der/die Anfragende einen Grund haben MICH zu fragen. Also sage ich ja. Das wiederum führt dazu, dass ich mir mehr zutraue, denn nach ein paar Podcasts, Interviews, Artikeln oder Vorträgen merke ich vielleicht: Hey, so schlecht bin ich gar nicht." 
Das klingt ganz nach der Frauenquoten-Problematik... wenn sie Zahl der kompetenten Gespächspartnerinnen gering ist oder es sich organisatorisch nicht einrichten lässt, dann nimmt man einfach irgendwen, Hauptsache, es ist jemand da. Ob kompetent oder nicht. Einfach nur mal prinzipiell.  Sonst ist es ja gängig, dass, je mehr man zu einem Thema wusste und zu sagen hatte, wurde man dementsprechend sicherer im Vortrag. Gut, kann auch anders funktioneren... "vielleicht". 

"Was ich sagen will: Ich beobachte immer wieder, dass gefordert wird, dass man sich zum Thema Feminismus nur äußert, wenn man Fundiertes zu sagen hat und/oder sich auskennt. Dann wird vielleicht noch ins Feld gebracht, dass der oder diejenige grundsätzlich dem falschen Feminismus folgt, falsche Dinge im Fokus hat, nicht ausreichend vernetzt ist oder das who is who der deutschen, amerikanischen, weltweiten Feministinnen-Szene kennt oder dies und jenes nicht gelesen hat. Das schreckt mich ab. Warum soll nicht jede/r seinen eigenen, kleinen Feminismus haben und beleuchten können?" 
*) Natürlich legt sich der heutige Feminismus seine Interessenfelder sehr frei aus und nimmt dabei möglichst viele (neue) Bereiche der "Unterdrückung" auf, sonst hätte der Feminismus auch nichts mehr zu tun. Heute zählen z.B. Body Positivity, Shaming jeglicher Art, Sexismus (auch wenn mal keiner vorhanden ist), erfundene Pay Gaps und Rape Cultures dazu... Hier sind die Feminist(inn)en besonders kreativ, natürlich auf Kosten derjeniger, die tatsächlich drunter leiden. Aber hey, who cares?
Jedenfalls ist es schwierig, wenn man eine feministische Agenda auch in politische Ebenen tragen möchte (und das möchte man ja) und sich dabei nicht einig ist, von was man jetzt spricht, über was man spricht oder im Idelfall: warum man überhaupt darüber spricht. Dabei geht es doch in erster Linie darum, ernsthaftere Probleme zu erkennen. Nein, ich spreche nicht von rosa Ü-Eiern, dem angeblichen 
Menstruationstabu oder dem erst letzten mißglückten Versuch einer "Diversity Barbie".

"Den einen holt der fremdwortgespickte Feminismus ab, der alles historisch korrekt einordnen kann. Den anderen die Instagrammerin, die nichts anderes macht als ihre Achselhaare zu fotografieren."
Niemand zwingt diese armen Frauen, ihre Achseln zu rasieren. Weder eine Kosmetikindustrie, weder die Magermodels noch die Gesellschaft (was sie ja sonst immer tut), dementsprechend muss eine Frau auch nicht krampfhaft plakativ Haare wachsen lassen und dabei einen Kreuzzug der Befreiung starten. Aber ein paar Fetischfreunde finden's sicher geil! ;)

"Es fällt mir ja schwer das dauerhaft zuzugeben, aber anscheinend läuft er ja wirklich (zwar SEHR anders) in die selbe Richtung (oder besser: ebnet er den Weg für andere), damit wir gemeinsam unsere Ziele der Gleichberechtigung erreichen."
Gute Frage... also das, was da bisher fabrikziert wird, schreckt eher Leute ab, als dass es sie ansteckt, mitzumachen. Außer den jungen Tumblr-Girls mit ihren "Feminist"-Shirts von H&M, made in Asien unter Microlöhnen fabriziert. Abschließend: sind wir nicht schon gleichberechtigt?  

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